Sportverletzungen - Das verletzte Sprunggelenk

Eine der häufigsten Verletzungen im Sport betrifft das Sprunggelenk. Bänderrisse, Überdehnungen usw. sorgen dafür, dass Sportler zum Teil langfristig verletzt sind. Im Gastbeitrag von Dr.med. Niklas Renner, Facharzt für Orthopädie und Traumatologie des Bewegungsapparates FMH kannst du viel Wissenswertes über dein Sprunggelenk erfahren.

1. Dr.Renner, wieso ist das Sprunggelenk so häufig betroffen?

Das Sprunggelenk und vor allem der äussere Bandapparat am Sprunggelenk trägt eine sehr hohe Belastung bei körperlicher Aktivität. Dabei sind insbesondere Stop and Go- Sportarten wie zum Beispiel Fussball, Badminton oder Squash zu nennen. Kommt es zu einem unkontrollierten Bewegungsablauf respektive sind die Muskeln, Sehnen und Bänder der Belastung nicht gewachsen kommt es zu einem Umknicken im oberen Sprunggelenk und dadurch sehr häufig zu einer Verletzung des äusseren Bandapparates. Dabei handelt es sich beim Supinationstrauma um die häufigste Verletzung beim Sport.

In 85% der Unfälle kommt es zu einer Verletzung des vorderen Bandes (Ligamentum fibulotalare anterius, Bild 1) und in 35% zu einer Verletzung des seitlichen Bandes (Ligamentum fibulocalcaneare, Bild 2). Provoziert werden können solche Verletzungen auch durch äussere Einwirkungen wie zum Beispiel unebene Böden (Trailrunning), welche mit Steinen durchsetzt sind oder durch äussere Gewalteinwirkung (z.b. durch einen Gegenspieler).

Nicht zu vergessen sind natürlich die anatomischen Gegebenheiten jedes Sportlers. Insbesondere eine Veränderung der knöchernen Stellung im Rückfuss führt zu vermehrtem Umknicken. Nicht selten dann auch im Alltag ohne sportliche Aktivität.

2. Was passiert genau wenn ich "umknicke" (Supinationstrauma)

Beim Unknicken also dem Supinationstrauma des oberen Sprunggelenkes bleibt der Fuss durch den Einfluss einen Gegenspielers oder einer prompten Richtungsänderung am Boden stehen obwohl der restliche Körper eigentlich noch in Bewegung ist. Es kommt dadurch zu einem Verkippen des Sprungbeines und einer vermehrten Innenrotation des Fusses. Dies führt zu einer starken Überlastung der Bänder am Aussenknöchel, welche überdehnt werden oder sogar reissen.

3. Sollte ich dies operieren lassen?

Die nicht operative Therapie ist je nach Fachliteratur in einer hohen Prozentzahl erfolgreich (80–90 %). Jedoch ist der Prozentsatz der Patienten, welche nach einer Bandverletzung eine fortbestehende Instabilität erleiden mit 10–30 % doch relativ hoch. Die Hälfte der Patienten profitieren aber trotz chronischem Verlauf von der nicht operativen Therapie. Somit ist auch bei fortbestehender Symptomatik ein strukturiertes physiotherapeutisches Programm durchzuführen. Nur bei Patienten, welche dadurch nicht beschwerdefrei werden ist eine operative Stabilisierung in Erwägung zu ziehen.

Dabei bestehen Symptome wie chronische Schmerzen und Schwellung sowie ein subjektives Instabilitätsgefühl. Häuftig bestehen dann Beschwerden bei abrupten Richtungswechseln im Sport sowie auf unebenem Grund (z. B. Waldboden)

4. Wann kann ich wieder Sport treiben nach einem Bänderriss?

Dies ist stark vom Verletzungsgrad der Aussenbänder abhängig. Unterschieden werden grundsätzlich 3 Stufen, wobei die sportliche Aktivität bei Grad 1 nach einigen Tagen Ruhigstellen und Kühlen schon wieder vorsichtig unter physiotherapeutischer Anleitung begonnen werden kann. Bei Grad 2 ist die Verletzung schwerwiegender, einige Fasern der Bänder sind gerissen, sodass eine Ruhigstellung in einer Schiene für 2 -3 Wochen notwendig ist. Parallel dazu muss ein Aufbautraining begonnen werden um die Heilung der Bandstrukturen zu gewährleisten. Bei Grad 3 Verletzungen, bei der die Bänder gerissen sind muss bei der Untersuchung auf mögliche Begleitverletzungen geachtet werden. Der Beginn der sportlichen Tätigkeit muss gemäss dem Fortschritt in der Physiotherapie und der Untersuchungsbefunde bemessen werden und ist stark vom muskulären Vorzustand des Athleten abhängig. In der Regel sollte 4-6 Wochen bis zum Beginn der sportlichen Aktivität (je nach Sportart) abgewartet werden. Bei Sportarten mit Körperkontakt sollte eine wettkampfmässige Tätigkeit erst nach 3 Monaten erfolgen.

5. Sollte ich das Sprunggelenk tapen und was bringt mir dies?

Bei gewissen Sportarten wie zum Beispiel Unihockey, Badminton oder Volleyball mit grosser Belastung auf die Aussenbänder ist ein Taping insbesondere zu Beginn der Spielaktivität sinnvoll. Damit können die Bänder an die Belastung herangeführt werden ohne dass sie überbelastet werden. Ein Fortführen des Tapings ist nach einer Gewöhnungsphase aber klar kontraproduktiv.


6. Wie hat sich die Diagnose und Behandlung aus Orthopädischer Sicht in den Jahren verändert?

Vor 20 Jahren wurden die meisten Bandverletzungen mittels Operation und Naht der Bänder versorgt. Diese Vorgehensweise ist heute klar revidiert worden, dies auch aufgrund der besseren Abklärungsmöglichkeiten. Insbesondere bei Grad 3 Verletzungen ist es wichtig eine Begleitverletzung bei entsprechender Untersuchungsbefunde auszuschliessen. In diesen Situationen ist ein MRI zur Darstellung der Bandstrukturen und Sehnen hilfreich. Ein Computertomogramm (CT), also ein Schichtbild welches die Knochen abbildet ist nur bei unklarem Röntgenbild notwendig.

Aufgrund der früher sehr häufig durchgeführten Operation wurden diese Patienten mittels Unterschenkel- Gips versorgt. Heute können die meisten Patienten mit Verletzungen der Bänder mit einer kleinen, abnehmbaren Gipsschiene oder Orthese versorgt werden. Eine Gipsschiene hat hier insbesondere den Vorteil, dass keine Druckstellen im Schwellungsbereich entstehen können.

Bild 3: abnehmbarer OSG Wrap zur Ruhigstellung der verletzten Bänder. In dieser Gipsschiene kann nach dem Unfall voll belastet werden. Nach 2-3 Wochen kann sie weggelassen werden mit anschliessendem Aufbautraining in der Physiotherapie

7. Sollte es zu einer Operation kommen- was wird dabei gemacht, welche Möglichkeiten gibt es?

Dem orthopädischen Chirurgen steht eine Vielzahl an Techniken zur Rekonstruktion der Seitenbänder zur Verfügung. Grundsätzlich sollte eine anatomische Rekonstruktion der Bandstrukturen erfolgen. Dabei wurden unterschiedliche Techniken beschrieben. Grundsätzlich können diese in zwei Gruppen unterteilt werden:

  1. Bandnaht/Reparatur und Verstärkung
  2. Bandrekonstruktion mit Sehnenersatz

Bei der ersten Technik kann bei noch regelrechter Darstellung der Bänder diese gerafft werden. Dabei werden die Bänder mit sogenannten Anker- Fixationen an den Aussenknöchel gezogen und mittels einer Bandstruktur verstärkt (sogn. Broström- Gould Prozedur).

Bei der 2. Möglichkeit werden die Bänder durch eine Sehne ersetzt. Diese Technik kommt zum Zug falls die Bänder am Aussenknöchel stark vernarbt sind und sich für die 1. Technik nicht mehr eignen.

Ein herzliches Dankeschön an Dr. Renner der sich die Zeit genommen hat, etwas mehr über das Sprunggelenk zu erzählen!

Dr. med. Niklas Renner

Fuss- und Sprunggelenkschirurgie St. Anna Luzern

Facharzt für Orthopädie und Traumatologie des Bewegungsapparates FMH

Orthopädische Klinik Luzern AG

St. Anna-Strasse 32

6006 Luzern

Tel. +41(0) 41 208 38 54

Fax +41(0) 41 208 38 99

sekretariat.renner(at)okl-ag.ch

www.okl-ag.ch

Kontakt MTC Pieter Keulen


Niklas Renner

Autor: Niklas Renner


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