Warum können Kinder nicht still sitzen?

Vor ein paar Tagen las ich einen Artikel mit dem Titel "Die wahre Grund, warum Kinder nicht still sitzen können". Die Autorin, Angela Hanscom, eine pädiatrische Ergotherapeutin, beschreibt in diesem Artikel das Problem warum Kinder in der Schule still sitzen müssen, aber nicht können, und wieso in den letzten Jahren die Diagnose ADHD sich explosivartig vermehrt hat.

ADHD - eine fabrizierte Erkrankung

Kurz zum Thema ADHD: Ulrike Lehmkuhl, Direktorin der Kinderklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Berliner Charité, bezeichnet 90 Prozent der ADHS-Diagnosen als falsch!. Der „Erfinder von ADHS“, der amerikanische Psychiater Leon Eisenberg, soll dagegen kurz vor seinem Tod im Jahr 2009 gesagt haben: „ADHS ist ein Paradebeispiel für eine fabrizierte Erkrankung.“ Wobei die Pharmazie Milliarden verdient hat, und es immer noch tut! Hopla, das sind ein paar Aussagen!

Fit@School

In 2002 habe ich das Projekt Fit@School gestartet. Es geht darum Kinder und Jugendliche in der Schule vermehrt zu Bewegung zu animieren, dadurch die Konzentrationsfähigkeit zu steigern und gesundheitliche Beschwerden vorzubeugen. In den 12 Jahren habe ich viele Schulen besucht, Vorträge vor Physiotherapeuten und Lehrpersonen gemacht. Ich habe festgestellt, dass die Kondition und Konzentration von Kindern, hauptsächlich Stadtkindern, rasant zurückgeht. Auf ein Bein stehen, leichte koordinative Aufgaben erfüllen, eine Liegestütz machen, Seil hoch klettern und weitere einfache Aufgaben werden zu fast unüberwindbaren Aufgaben.

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Fit at School Luxembourg

Bild: Fit at School Luxembourg

Den Kindern fehlt es praktisch an allem was mit Kondition und Fitness zu tun hat. Tja denkt man, woran liegt dies nun? Erstens Kinder möchten gar nicht still sitzen, das ist nicht ihre Natur! Viele Lehrpersonen erwähnen immer wieder, dass insbesondere Jungs angeblich Probleme haben mit der Konzentration in der Schule, sie sind unruhig und explosiv. In vielen Fällen kommt es sogar soweit, dass der eine Besuch beim Schulpsychologen folgt, wo man abklären muss welche „Störung“ das Kind hat und welche Massnahmen man nun ergreifen sollte um die Konzentration beim Kind zu steigern...

Sie als Leser sind sicher damit einverstanden, dass sich Kinder gerne bewegen. Die Bewegungen machen sie wegen ihrer motorischen Entwicklung und schauen wo ihre Grenzen liegen. Ich bin der Meinung, dass wenn wir auf das Evolutionsmodel schauen bis zurück auf die Jäger und Sammler. Insbesondere Jungs versuchen die bestmöglichen Jäger zu werden. Wie meine ich dies genau? Klettern, rennen und Sachen ausprobieren, dies gehört alles zu der Ausbildung als Jäger. Was nun aber wenn dieser Evolutionsprozess gestört wird und der Jäger im Schnitt 9 Stunden pro Tag auf einem Stuhl sitzen muss? Die Gene sagen, rennen, springen, klettern… der Lehrer aber sagt Mathe, Deutsch, Englisch… Sehen Sie meinen Punkt?

Eine interessante Studie aus Spanien, publiziert in „die Zeit“: zeigt, dass Menschen die mehr als 42 Stunden pro Woche sitzen ein 31% erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen haben, da die fehlende Bewegung müde macht und Stresshormone nicht abgebaut werden.

Studien vom renommierten Pennington Biomedical research Center in der USA zeigten, dass bei Erwachsenen Männern die täglich 6 oder mehr Stunden im Sitzen verbringen eine 20% höhere Sterberate haben als die, die nur bis zu 3 Stunden täglich im Sitzen arbeiten. Bei Frauen betraf der Unterschied sogar 40%! Nun sitzen Grundschulkinder rund 9 Stunden täglich. mmm, das alles regt doch stark zum nachdenken an nicht wahr? Nochmals, sehen Sie meinen Punkt!

Sir Ken Robinson erzählt in einem fantastischen Vortrag auf www.ted.com wie eine Mutter den Arzt besucht und erzählt, dass ihr Kind total bewegungsauffällig ist und nie ruhig sitzen kann. Der Arzt, ein älterer und erfahrener Arzt, schaut während dieser Sprechstunde regelmässig das 9-Jährige Mädchen an und bittet die Mutter kurz mit ihm aus dem Sprechzimmer zu gehen. Während dem stellt er das Radio an. Das Mädchen blieb im Sprechzimmer und durch ein Fenster beobachten der Arzt und die Mutter das Kind. Das Kind fing an sich auf die Musik zu bewegen und legte los. Dann kamen die weisen Worte des Arztes, er sagte“ Ihr Kind ist nicht bewegungsauffällig“ und leidet nicht unter einer Störung, „Ihr Kind ist eine Tänzerin“! Jahre später ist dieses Mädchen Leiterin des Englischen National Balletts.

Ja denken Sie nun, Sie können doch auch nicht den ganzen Tag rum rennen und nichts lernen. Nein, da haben Sie absolut recht. Viele Studien haben aber ergeben, dass die Kinder welche regelmässig eine sportliche Bewegungspause während des Schulunterrichts durchführten, schlussendlich mit bedeutend besseren Noten abschneiden. Leider reicht es nicht wenn das Kind zweimal in der Woche im Fussballtraining oder beim Turnverein ist. Wir müssen also unseren Unterricht kreativer und anders gestalten, wobei Bewegung einen festen Bestandteil vom Unterricht wird.

In vielen Gesprächen mit Schulen und Eltern kam immer wieder das Thema auf, ob wir unsere Kinder und Jugendliche nicht überfordern mit Lernzielen, Lernaufgaben, Hausaufgaben und weiteres.

Fit at School Rothenburg LU

Bild: Schulhaus Rothenburg, Kanton Luzern

Dazu kann ich nur sagen, das "was wir unseren Kindern antun" sicher nicht immer im Interesse der Kinder liegt. Ein Teil unserer Kinder sind sicher in der Lage ihre Intelligenz zu nutzen und viele Informationen aufzunehmen. Nicht aber jedes Kind hat die Möglichkeit später Hirnchirurg, Anwalt oder Architekt zu werden. Kinder brauchen Zeit, auch sie werden ihre Leidenschaft entdecken und sich prächtig dabei entwickeln, bis dann müssen wir Sorg zu diesen Kindern tragen und nicht bereits in der Grundschule ihre Träume und Leidenschaften zerstören. Vielleicht unterstützt das folgende Afrikanische Sprichwort meine Behauptung: „Das Gras wächst auch nicht schneller, wenn man daran zieht.“

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Ich bin mir sicher, dass Sie in Ihrer direkter Umgebung einige Menschen kennen, die in der Grundschule vielleicht nicht die Studienhirsche waren aber sich später sehr gut entwickelt haben und erfolgreich geworden sind in dem was sie leidenschaftlich gerne machen, oder nicht?

Kinder möchten und können auch nicht gut still sitzen, man kann es aber dosieren mit Bewegungspausen, dies wäre bereits ein grossartiger Fortschritt.

Zum Schluss möchte ich diese Publikation mit einem Satz von der Autorin Angela Hanscom am Ende ihres Artikels beenden: „Damit Kinder lernen können, müssen sie in der Lage sein, dem Unterricht Aufmerksamkeit zu schenken. Damit sie das können, müssen wir ihnen erlauben, sich ausreichend zu bewegen“...

Kinder und bewegung

Pieter Keulen

Autor: Pieter Keulen


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Kategorie: Gesundheit
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